Gruppe Praxis ist ein Kollektiv für räumliche Gestaltung, analysiert ergebnisoffen, arbeitet prozessorientiert und entwirft ortsspezifisch.
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1 Erinnerungskultur in Familien im Landtag Rheinland-Pfalz
Eine Wanderausstellung über Erinnerungskultur in Familien ist eine Darstellung verschiedener individueller Geschichten, aber auch der Versuch Schweigen zu visualisieren. Besonders bei einem derart emotionalen Thema, sollte die Ausstellungsgestaltung auf einer inhaltlichen Auseinandersetzung fußen und sich nicht lediglich auf die kosmetische Aufarbeitung von Studienergebnissen beschränken. Es sollte mit der Ausstellung geschaffen werden, der einen Raum für die Reflexion der eigenen Familiengeschichte eröffnet. Wenige Objekte stehen so sehr für das innerfamiliäre Reden und Nicht-reden wie der gemeinsame Esstisch. Er ist genauso Zeuge von festlichen Zusammenkünften, wie von hitzigen Diskussionen und Auseinandersetzungen.
Der Tisch ist das zentrale gestalterische Element der Wanderausstellung. Die darzustellenden Objekte und Daten werden nicht auf vertikalen Tafeln präsentiert, sondern zur Auseinandersetzung an bzw. auf den Tisch geholt werden. Die vier verschiedenen Tische beinhalten einen Touchscreen, eine Objekt-Ausstellung, eine Audio-Station und ein interaktives Mitmach-Element.
Die Ausstellung wurde im Juni 2024 zunächst im Landtag Mainz präsentiert und wird im Anschluss an weiteren Orten gezeigt werden.
Für: Universität Koblenz und Landtag Rheinland-Pfalz2 Stadt_Raum im MKK Dortmund
Um Museumsräume für eine vielfältige Stadtgesellschaft zu öffnen, ist es notwendig, sich auch mit der räumlichen Dimension der vorherrschenden und historisch gewachsenen Strukturen von Museen auseinander zu setzen.
Die Raumregime der Institution Museum haben die Besucher*innen soweit diszipliniert, dass eine Bandbreite von normativen Verhaltensweisen (Schleichen, Flüstern und bloß nichts Anfassen) einer wirklichen Interaktion mit den Räumen entgegensteht. Das führt oftmals dazu, dass in Öffnungsprozessen von Museen die Wahl auf "einfache", bekannte und robuste Materialien und Objekte fallen, die mögliche Hemmschwellen senken sollen. Dadurch besteht jedoch die Gefahr, dass möglichst mobile, modulare und vor allem temporäre Architekturen, Bestrebungen der Öffnung von Museen als ebenso temporäre Symbolpolitik der Institution entlarvt.
Die Destabilisierung der musealen Raumordnung braucht Eingriffe, die Akteur*innen ernst nehmen und ihnen eine wirkliche Aneignung ermöglicht. Warum also nicht Architekturen erproben, die in ihrer Definitionsoffenheit Alle herausfordern und damit vielleicht ermächtigendes Potenzial besitzen?
Für: Museum für Kunst & Kulturgeschichte Dortmund3 Verbraucherzentrale Hamburg
Das Infozentrum der Hamburger Verbraucherzentrale dient als erster Anlaufpunkt, für die Anmeldung und für die persönliche Recherche der Verbraucher*innen.
Die Neugestaltung zielt auf eine vereinfachte Orientierung im Raum und soll eine verbesserte Übersicht des Informations-Angebots geben. Bei der Wahl der Materialien wurde auf Nachhaltigkeit geachtet und deshalb auf langlebige und ökologische Stoffe gesetzt.
Ein besonderes Raumelement bilden die Lamellendisplays aus Fichtenholz, die in Ihrer Bauform schallhemmend wirken. Durch die spezifische Fräsform fungieren Sie als Bücher- und Magazindisplay und dienen zeitgleich als transparenter Raumtrenner.
Für: Verbraucherzentrale Hamburg e.V4 Wasserschloss Quilow
„Wenn diese Wände sprechen könnten...“ heißt es oft und die Wände des Wasserschlosses Quilow haben viel zu erzählen. Man sieht dem Gebäude seine über 400-jährige Geschichte, die zahlreichen Umnutzungen und Umbauten an. Die „Gläserne Denkmalpflege“ ernstnehmend, behandelt auch das Konzept der Ausstellungsgestaltung die Räume des Schlosses als das, was sie sind – lebendige Orte, die weder ignoriert noch kaschiert werden wollen. Das Hauptelement der Ausstellungsgestaltung stellen Deckenstützen dar. Aufgrund ihrer Farbgebung entheben sich diese ihrem Ursprung nahezu vollkommen. Trotzdem sind sie stets auch ein kleiner Verweis auf die Brüche und Wiederaufbauten in der Geschichte des Schlosses.
Als klassisches Baustellen-Objekt fügen sie sich in die Räumlichkeiten ein und schaffen es dabei durch ihren formuntypischen Pastellton die Ausstellung in diesen hervorzuheben. Die vertikalen, schlanken Streben passen sich den Gegebenheiten in den zu bespielenden Räumen an. Sie sind die Träger für Text- und Bildtafeln. Diese bestehen aus direkt bedruckten Birken-Multiplex-Platten und geben dem klaren Layout, durch diese warme, natürliche Materialität einen passenden Gegenspieler.
Mit JMMP Für: Wasserschloss Quilow, Förderverein Stiftung Kulturerbe e.V.5 X for Plataforma 06600
06600 Plataforma ist ein Kollektiv von Anwohner*innen, das sich als Antwort auf die zunehmende Gentrifizierung im Stadtteil Juarez, Mexiko City zusammengefunden hat. Um dem Kollektiv Sichtbarkeit zu verleihen, wurde an ihrem üblichen Versammlungsort, dem Plaza Giordano Bruno ein auffälliges „Kommunikations-Tool“ errichtet.
Ein großes, rotes „X“ wurde aufgestellt und markiert den Treffpunkt der Gruppe. Darüber hinaus dient es auch als Schwarzes Brett um Informationen zu Teilen.
Mit Öffentliche Gestaltungsberatung St.Pauli Für: Muca Roma, Mexico City Goethe Institut Mexico City6 Foyer im Kunsthaus Hamburg
Was sind die Möglichkeiten des Foyers einer öffentlichen Kulturinstitution? Welchen Funktionen des Kunsthauses und welchen Bedürfnissen anderer Akteur*innen kann in dieser Übergangszone Raum geboten werden?
Die Umgestaltung gliedert das Foyer in die drei Bereiche „Versorgung“, „Aufenthalt“ und „Freiraum“. An der Stirnseite des Foyers wurde durch den Einzug einer Wand Raum für die praktischen Einrichtungen geschaffen. Hinter ihr befindet sich die Garderobe, sowie der Verkaufstresen, der als Infobereich, Kasse und Bar dient. Durch seine unverglaste Öffnung zum Foyer hin ähnelt er einem Kiosk – ein spielerischer Ausdruck seiner Funktion.
Auf der gegenüberliegenden Foyerseite entstand links und rechts der Eingangstreppe eine zweiteilige Tribüne. Diese Struktur bietet sowohl im Alltag als auch bei Veranstaltungen vielen Personen eine angenehm informelle Sitzgelegenheit. Die robusten Materialien Beton und Aluminium, die sonst eher im Außenraum vorkommen, definieren das Foyer als eine Art Erweiterung des Öffentlichen, die die Besucher*innen einlädt sich aufzuhalten, ohne den Besuch einer Ausstellung oder andere Konsumpraxen zur Bedingung zu machen.
Mit: Frieder Bohaumilitzky Nils Reinke Dieker Larissa Starke Für: Kunsthaus Hamburg7 Bibliothek für Gesellschaftsdesign
Die Bibliothek für Gesellschaftsdesign geht der Frage nach, ob – und wie – Design die Gesellschaft verändert. Sie konfrontiert die Designer*innen mit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung, und will gleichzeitig Anregungen für die Entwicklung neuer Methoden und Forschungsansätze geben. Dabei ist die Bibliothek keine statische Einrichtung, sondern eine temporäre und mobile Institution, die an verschiedenen Orten und Kontexten auftaucht. Für die in Wien präsentierte Erstausstattung wurden 60 verschiedene Designer*innen und Gesellschaftstheoretiker*innen gebeten, jeweils ein Buch für die Bibliothek zu benennen. Jedes Buch ist mit einer kurzen Biographie der Empfehlungsgeber*in und einer Erläuterung versehen, warum sie oder er dieses Buch für die Bibliothek benannt hat. Die Bibliothek unterliegt einem permanenten Wandlungsprozess: regelmäßig werden Vertreter*innen des gesellschaftskritischen Designdiskurses gebeten, Bücher auszutauschen und den Bestand so zu aktualisieren.
Mit: Helena Kersting, Lukas Esser, Claudia Koch, Friedrich von Borries Für: Museum für angewandte Kunst Wien, Merve Verlag Leipzig, Kunstverein Harburg, Bauhaus Dessau8 Wegeschreibmaschine
Für das jährlich im Park Planten un Blomen stattfindende Literatur-Festival „Wortpicknick“ war ein Leitsystem notwendig, das die verschiedenen Bühnen kennzeichnet und verbindet. Da neben den aktiven Besucherinnen des Wortpicknicks auch reguläre Parkbesucherinnen auf die verschiedenen Stationen aufmerksam gemacht werden sollen, erschien es sinnvoll ein einladendes, performatives Element in der Gestaltung mitzudenken. Die Wegeschreibmaschine ist ein fahrbarer Apparat mit dem sich Worte und ganze Texte auf den Untergrund aufbringen lassen. Durch die Kombination des Systems eines Prägebandbeschriftungsgeräts und eines Kreidewagens, stellt die Maschine ein visuell aussagekräftiges und dennoch einfach zu bedienendes Werkzeug dar. So entstehen temporäre Schriftzüge die ständig erneuert, weitergeführt und ergänzt werden können.
Für: Planten un Blomen - Freie und Hansestadt Hamburg, Bezirksamt Hamburg-Mitte9 Einhundert Stühle
Was sind die Erwartungen an einen Designerin? Die Performance „Einhundert Stühle“ stellte den Besucher*innen der Absolventenausstellung der HFBK Hamburg genau diese Frage.
Zu beobachten waren drei Akteurinnen, die in der Mitte des Raumes Stühle montierten. Aus immer gleichen Einzelteilen wurden so über zwei Tage genau einhundert identische Sitzmöbel produziert. Die Stühle wurden mittels eines Brandstempels gebrandet, nummeriert und für einen symbolischen Verkaufspreis von einem Euro angeboten. Designerinnen-Hände schufen eine limitierte Auflage gefragter „Designer-Möbel“ und warfen damit gleichzeitig Fragen zu Erwartungshaltung, Autor*innenschaft, Produktion und Objekt-Fetischismus auf.
Mit: Frieder Bohaumilitzky10 Azurer Collection Store
Der Azurer Collection Store am Neuen Kamp in Hamburg kombiniert in einer stark selektierten Auswahl europäische mit asiatischen Marken. Auf einer Fläche von über hundert Quadratmetern findet sich eine präzise kuratierte Kollektion aus Fashion und Printmedien. Das dazu kongruente Gestaltungskonzept beschränkt sich ebenso auf das Wesentliche. Das Interieur orientiert sich an archetypischen Store-Objekten: eine Kleiderstange, ein Spiegel, eine Umkleide, ein Regal, eine Auslage, sowie ein Tresen. Die einzelnen Elemente treten in ihrer Größe hervor, grenzen sich in ihren Materialitäten ab und gleichen sich in ihrer Form wieder an.
Für: Azurer International Trade GmbH11 Erzähl mir Meer. Geschichten von der See
Das Lübecker Buddenbrookhaus lud ein, die Ausstellung „Geschichten von der See“ zu gestalten. Ein zweiteiliges Konzept wurde erstellt, bei dem zum einen ein Kapitel aus Thomas Manns Buddenbrooks mit szenografischen Mitteln dargestellt und zum anderen ein Überblick über weitere literarische Auseinandersetzungen mit dem Thema Meer gegeben werden sollte. Manns Textauszug über das Meer wurde in Geräusche, Licht und Wind übersetzt und so im Raum erfahrbar gemacht. Die Besucher*innen konnten sich außerdem eine eigene Mappe mit Texten über das Meer erstellen, indem sie sich an den gehängten Kopien an der Wand bedienten.
Mit: Helena Kersting, Phillip Kessling, Antje Löffelholz, Julian Mader Für: Buddenbrookhaus Lübeck